Geschichte der UV-C-Anwendungen: Teil 2
Eine Geschichte voller kleiner und großer Schritte - und Stillstand.
Entwicklung - das bedeutet Veränderung und Schritt für Schritt auf neuen Wegen gehen zu lernen. Aber Entwicklung bedeutet genauso zu stolpern, vom Weg abzukommen und auch mal eine Pause einzulegen, um dann mit neuer Kraft voran zu schreiten. Das klingt poetisch? Auf jeden Fall! Es ist aber gleichfalls realitätsnah, wie auch die Entwicklung von UV-C-Anwendungen zeigt. Hierfür gilt es, zunächst zwei parallel verlaufende Forschungszweige näher zu betrachten.
Schauen wir zuerst in das Jahr 1801. Johann Ritter, ein junger Physiker der Universität Jena, entdeckt bei seinen Experimenten, dass am Ende des Spektrums des sichtbaren Lichts weitere Strahlen vorhanden sind. Die Entdeckung des ultravioletten Lichts geht in die Geschichtsbücher ein.
Ein wichtiger Schritt - doch über die Wirkung von UV-Strahlen auf Organismen ist zu diesem Zeitpunkt wenig bekannt. Selbst die Wirkung von Sonnenlicht im Allgemeinen scheint wenig erforscht. Erst im Jahr 1878 machen Forscher die spannende Entdeckung, dass Sonnenlicht Mikroorganismen in Lebensmitteln abtöten kann. Im Jahr 1905 ist die Wissenschaft schließlich einig darüber, dass Licht im Bereich von ca. 250nm die stärksten Schäden bei Mikroorganismen hervorruft. Dies entspricht der Wellenlänge von UV-C-Strahlen.
Der zweite Forschungszweig betrifft die Entwicklung des Lampenkörpers. Bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert werden Gasentladungslampen zur Lichterzeugung genutzt. Diese bestehen aus einem Glaskörper, welcher mit Gas befüllt wird. Durch physikalisch-chemische Prozesse und die daraus resultierende Entladung von Teilchen, kommt es schließlich zum Zünden der Lampe. Je nach Art des eingefüllten Gases, sowie dessen Reinheitsgrad, werden präzise bestimmbare Wellenlängen des Lichts abgegeben. Um UV-C-Strahlen zu erzeugen, wird Quecksilbergas verwendet.
Die im 19. Jahrhundert verwendeten Lampen lassen jedoch aufgrund des verwendeten Materials keine UV-Strahlung durch den Glaskörper. Das ändert sich im Jahr 1899 durch den Chemiker und Physiker Richard Küch. Ihm gelingt es, ein reines und blasenfreies Quarzglas herzustellen. Dieses bietet den Vorteil, auch Licht im Wellenlängenbereich von UV-Strahlen hindurch zu lassen. Und so kommt im Jahr 1904 die erste Quarzlampe auf den Markt, welche für UV-C-Strahlung durchlässig ist.
Viele Schritte vorwärts, die schlussendlich dazu führen, dass im Jahr 1910 im französischen Marseille die erste UV-C-Anwendung zur Aufbereitung von Wasser in Betrieb genommen wird. Das klingt nach einer Entwicklung ohne Fehltritte und Rückschläge?
Keinesfalls! Einerseits ist mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass die Wissenschaftler und Forscher viele Versuche benötigten, bis sie sich ihrer Entdeckung sicher sein konnten oder eine Lampe einwandfrei funktionierte.
Andererseits hätte es für UV-C-Anwendungen, kurz nachdem marktfähige Produkte verfügbar waren, nicht schlechter kommen können. Die Zündung der Lampe war nämlich durchaus noch problembehaftet und eine schnelle Lösung hierfür, war nicht in Sicht. Zudem stellte die Aufbereitung von Wasser mit Chlor ein konkurrierendes Verfahren zu UV-C-Anwendungen dar. Als dann auch noch eine Technologie für die kostengünstige Herstellung von Chlor in großen Mengen auf dem Markt tritt, haben UV-C-Anwendungen keine Chance mehr. Die Nachfrage schwindet.
Fortschritte, Fehltritte, Stillstand - oft werden nur die positiven Dinge kommuniziert, die Schattenseiten bleiben verborgen. Aber Entwicklung ist nicht linear. Nicht immer ist die erste Idee auch direkt erfolgreich. Der Erfolg von UV-C-Anwendungen pausiert ab 1910 für einige Zeit - um dann gestärkt und mit verbesserter Technologie erneut auf der Bildfläche zu erscheinen.
Und was bedeutet dies für uns Menschen? Stillstand gehört zum Leben, zur Entwicklung und auch zum Erfolg. Die Corona-Pandemie hat die ganze Welt zum Innehalten gezwungen. Ein unerwarteter und mit nichts zu vergleichender Zustand. Wenn wir jedoch diesen Einschnitt, diesen Stillstand in unser aller Leben, als Teil einer Entwicklung betrachten, dann erscheint ein Licht am Ende des Tunnels. Denn dann wird ersichtlich, dass der Mensch - auf individueller und gesellschaftlicher Ebene - auch aus diesen schweren Zeiten lernen und sich weiterentwickeln wird. Denn Stillstand und auch Fehltritte führen letztendlich zu einer Entwicklung.
Quellen:
1) Whitby, G. Elliot & Scheible, O. Karl (2004): The History of UV and Wastewater, | IUVA NEWS, Vol. 6, No. 3, Zugriff unter: https://uvsolutionsmag.com/stories/pdf/archives/060302WhitbyAndScheible_2004.pdf [12.05.2021].